Was ist Liveshopping?

Liveshopping ist ein neueres E-Commerce-Angebot, bei dem Händler innerhalb eines begrenzten Zeitraums stark reduzierte Artikel anbieten können. Der Begriff Liveshopping (oder auch Live-Shopping) hat seinen Ursprung in den USA und wird als E-Commerce Trend angesehen. Mittlerweile hat der Trend auch seinen Weg in den europäischen Markt gefunden und sich in Deutschland als eigenständiger Online-Handel etabliert. Kurz erklärt stellt Liveshopping eine abgewandelte Art des Online-Shoppings dar. Liveshopping funktioniert so, dass bestimmte Produkte während eines meist sehr kurzen, klar definierten Zeitraums auf einer Online-Plattform verkauft werden. Hinzu kommt, dass die Artikel stark reduziert sind.

Liveshopping unterscheidet sich in drei Merkmalen vom klassischen E-Commerce:

Amazon Brand Guide

  1. Das günstige Angebot gilt ausschließlich für einen bestimmten Zeitraum. Ausverkäufe sind somit keine Seltenheit.
  2. Stark limitierte Anzahl an reduzierten Produkten.
  3. Online-Anbieter, die gleichzeitig mehrere Kampagnen starten

Im Vordergrund stehen beim Liveshopping oft der Kaufdruck durch die zeitliche Begrenzung und Limitierung der angebotenen Schnäppchen. Durch das Prinzip der (künstlichen) Verknappung wird eine stärkere Nachfrage geschaffen und Kunden kaufen in der Regel mehr. Damit stellt Liveshopping für Marken und Hersteller einen attraktiven Absatzkanal dar, über den sie auch Restposten eines Artikels verkaufen und ihre Lagerbestände reduzieren können.

Zusätzlich kann Live-Shopping in zwei Arten des Shoppens unterteilt werden:

  1. Klassische E-Commerce-Unternehmen, die die angebotenen Artikel selbst einkaufen, lagern und versenden.
  2. Anbieter von Coupons und Deals, die diese zeitlich limitiert zum Einlösen anbieten.

Liveshopping-Vorreiter auf dem europäischen Markt

In den USA und China ist Liveshopping Standard. Der Influencer Austin Li, besser bekannt als Lipstick King, konnte im Jahr 2021 beispielsweise innerhalb einer 12-stündigen Livesendung Waren im Gesamtwert von 1,7 Milliarden US-Dollar verkaufen. In den USA und China beläuft sich der mit Liveshopping gemachte Umsatz auf schätzungsweise 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Auch in Deutschland etabliert sich Liveshopping zunehmend. Vorreiter ist dabei vor allem die Marke Douglas, die Live-Shopping als wichtigen Verkaufskanal erfolgreich ausgebaut hat. Im vergangenen Jahr konnte Douglas 1,2 Millionen Zuschauer ihrer Werbevideos verzeichnen. Im Schnitt kauft fast jeder Zweite die angebotenen Artikel per Direkt-Klick. Auch in den Augen der Experten ist Douglas ein hervorragendes Beispiel für erfolgreiches Liveshopping und wird von anderen Marken als Vorbild gehandelt. Douglas hat zu Beginn des Corona-Lockdowns im März 2020 begonnen, seinen Live-Shopping-Kanal auszubauen. Während die Anfänge noch auf YouTube stattfanden, stieg der Kosmetik-Konzern schnell auf Livebury um, um so auch mit direkten Verlinkungen auf den Webshop zu arbeiten. Nach dem Umstieg verzeichnete Douglas deutlich mehr Umsatz. Mittlerweile setzt der Händler in acht Länder Liveshopping ein. Grund für den Erfolg von Douglas sehen Experten zum einen im professionellen Studio, in dem hochwertige Werbevideos produziert werden können, und zum anderen in der umfangreichen Auswertung des Kundenverhaltens und der professionellen Analyse der gesammelten Daten.

Amazon Explore: Liveshopping bei Amazon

Liveshopping auf Amazon gibt es seit Herbst 2020 unter dem Namen Amazon Explore. Hier können sich Kunden einen Online-Termin bei einem stationären Händler buchen, die dann per Livestream ihre Produkte präsentieren, Fragen beantworten, oder durch ihre Läden führen. Alles, was dazu benötigt wird, ist eine stabile Internetverbindung, ein Gerät mit guter Kamera, vorzugsweise ein Smartphone für die Mobilität, und ein Handstativ (Gimbal) für ein ruckelfreies Bild. Amazon Explore bietet Händlern den Vorteil, dass sie keinen Online-Katalog oder aufwendig gestalteten Shop einrichten müssen. Es reicht aus, Fotos der Artikel hochzuladen und diese mit den nötigen Produktinformationen versehen. Der Verkauf selbst läuft anschließend über Amazon. In den USA, wo Amazon Explore seinen Ursprung hat, können darüber sogar weitere Dienstleistungen wie Tanzkurse in Buenos Aires oder Sushikurse in Japan vermarktet werden.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von m.media-amazon.com zu laden.

Inhalt laden

(Vorstellung Amazon Explore)

Amazon Explore in der Kritik

Obwohl viele Experten großes Potenzial bei Liveshopping im E-Commerce Bereich sehen, schafft es Amazon Explore nicht, die größere Marken bzw. bekannte Influencer für sich zu gewinnen. Der Großteil der Live-Verkäufe spielt sich nach wie vor auf YouTube, Instagram und TikTok ab. Noch ist das aktive Publikum bei den Amazon Explore-Livestreams klein. Selbst zu großen Events wie dem Prime Day 2021 kam es „nur“ zu 30.000 bis 70.000 aktiven Zuschauern. Wird den Meinungen von einigen Experten Glauben geschenkt, sind die Amazon-Streams weder unterhaltsam noch gut umgesetzt, denn der Fokus liegt zu sehr auf dem Verkaufsaspekt statt dem Shopping-Erlebnis.

Liveshopping mit ”Live by eBay“

Das Online-Auktionshaus eBay startet mit „Live by eBay“ ebenfalls einen Versuch, mit Liveshopping-Events Fuß zu fassen. „Live by eBay“ ist ein Format, dass Live-Auktionen auf der Shopping-Plattform anbietet und für alle zugänglich ist, die ein eBay-Konto besitzen. eBay-Nutzer kennen das Prinzip bereits: wie bei „normalen“ Auktionen auf der Plattform, erhält auch bei „Live by eBay“ immer der Höchstbietende das Produkt. Die meisten Artikel stammen aus den Bereichen Kunst, Antiquitäten, Vintage-Möbel, sowie Fashion und Lifestyle. Bevor Kunden sich entscheiden, auf einen Artikel  zu bieten, können sie sich das Produkt vorher ansehen. Dabei werden Nutzer von einem Event-Kalender unterstützt. Dieser gibt Aufschluss darüber, welche Live-Auktionen wann stattfinden. Jede Auktion besteht aus 90 Sekunden mit jeweils 30 Sekunden-Phasen. Sobald ein Gebot abgegeben wurde, wird die Zeit erneut gestartet. Die Auktion wird durchgehend von einem Video-Livestream begleitet.

Vorteile des Liveshoppings

Die Corona-Pandemie hat Händler vor große Herausforderungen gestellt. Der stationäre Handel musste seine Türen über viele Monate schließen, Kunden kauften online, Lieferketten waren unterbrochen oder fielen aus. Live-Shopping bietet Händlern somit eine gute, leicht umsetzbare Möglichkeit, Kundenkontakt zu halten und auch um weiterhin Umsatz zu generieren. Kleinere Händler und Läden konnten sich so eine wichtige Einnahmequelle sichern und die Reichweite bzw. Sichtbarkeit auf den sozialen Netzwerke ausbauen.

Liveshopping ermöglicht es Kunden, ortsungebunden und dennoch lokal einzukaufen. Indem eine Hamburger Boutique beispielsweise einen Online-Beratungstermin mit einer Interessentin aus München vereinbaren kann, kann direkt ein viel größerer Pool an potenziellen neuen Kunden mit den Livestreams erreicht werden. Ein wichtiger Faktor ist außerdem, dass die Beratungsfunktion der Verkäufer im klassischen Sinne erhalten bleibt. Kunden können somit auch beim Online-Kauf von Kleidung oder erklärungsbedürftigen Produkten weiterhin die Expertise und den fachkundigen Rat der Mitarbeiter in Anspruch nehmen.

Zusätzlich unterstützt die digitale Präsenz eines Unternehmens die positive Wahrnehmung eines Geschäfts. Das Unternehmen wirkt somit modern und kompetent.

Nachteile des Liveshoppings

Liveshopping-Formate werden nach wie vor nur von einer überschaubaren Anzahl von Nutzern angenommen. Das „echte“ Einkaufserlebnis im Geschäft kann Liveshopping allenfalls nur ergänzen, jedoch nicht ersetzen. Eine zu geringe Auflösung der Kamera oder ungünstige Lichtverhältnisse können Aussehen und Farbe eines Produkts soweit beeinflussen, dass die Ware den Erwartungen des Kunden nicht entspricht. Eine unzureichende oder fehlerhafte Beratung kann zusätzlich zu hohen Retourenquoten führen. Letztlich muss sich der Kunde auf die Beratung der Fachkraft verlassen. Vor allem bestimmte Fashion- und Kosmetik-Artikel wie Bademode, Unterwäsche oder Lippenstifte sind, wie im normalen Onlinehandel auch, vom Umtausch ausgeschlossen. So kauft der Kunde ein Stück weit auf eigenes Risiko.

Live-Shopping zielt zudem auf eine eher begrenzte Zielgruppe ab, da vor allem ältere Personen nicht über das notwendige technische Equipment oder die Erfahrung verfügen, um sich die Shopping-Termine zu buchen und sich in die Streams einzuwählen.

In Zeiten von Fachkräftemangel bleibt es abzuwarten, ob Händler die notwendigen personellen Voraussetzungen erfüllen können, um langfristig Live-Shopping anbieten zu können. Für das Verkaufspersonal bedeutet die digitale Beratung – neben der Betreuung der Ladenkundschaft – zusätzlich Aufwand und Belastung. Live-Shopping ist demnach ein attraktiver Vertriebskanal bzw. zusätzliches Standbein für den stationären Handel, sofern Händler in diesen Kanal technisch und personell investieren können (und wollen).