Was ist Dropshipping?
Dropshipping auch unter den deutschen Begriffen „Streckengeschäft“ oder „Direkthandel“ bekannt ist ein spezielle Variante des Fulfillments, bei der der Retailer die Produkte, die er verkauft, nicht selbst auf Lager hält. Anstelle dessen kauft er die Produkte von einem Dritten (Supplier), der das Produkt dann direkt zum Konsumenten schickt. Dabei entfällt nicht nur der Umweg der Warenlieferung vom Hersteller zum Verkäufer, sondern auch die Vorfinanzierung und Lagerung von Warenbeständen sowie der Aufbau und Betrieb einer Versandlogistik. Die Ware wird quasi direkt vom Supplier in das Wohnzimmer des Konsumenten „gedroppt“ und der Dropshipping Händler spart Zeit und Geld. Gerade in den letzten Jahren hat das Handelskonzept Dropshipping stetig an Bedeutung gewonnen.
Der größte Unterschied zwischen Dropshippern und herkömmlichen Händlern ist, dass derjenige, der den Artikel an den Konsumenten verkauft, über keinen eigenen Lagerbestand verfügt. Um die Bestellung der Konsumenten abzuwickeln, kauft er Ware nur dann ein, wenn er sie braucht. Nachdem der Händler von seinen Kunden bezahlt wurde, kann er den Großhändler, von dem die Ware aus verschickt wurde, bezahlen.
Dropshipping Aufbau
Schritt 1: Die Geschäftsidee
Hier legt der Händler nicht nur fest, dass er Dropshipping als Handelsmodell nutzen möchte, sondern auch, welche Art von Produkten er hauptsächlich zukünftig verkauft. Außerdem müssen sowohl die Zielgruppe als auch die Konditionen, zu denen die Ware später verkauft werden soll, bestimmt werden.
Schritt 2: Die Anmeldung
Bevor der Händler mit dem Dropshipping beginnen kann, muss er sein Handelsunternehmen bei der zuständigen Stadt- oder Gemeindeverwaltung als Gewerbe anmelden. Dafür kann je nach Standort eine kleine Gebühr zwischen 10,00 und 65,00 Euro anfallen. Eine Gewerbeanmeldung wird automatisch auch beim Finanzamt und der Handelskammer registriert.
Schritt 3: Die Lieferantensuche
Für Dropshipping Händler ist dieser Schritt einer der wichtigsten, denn er entscheidet darüber, wie erfolgreich das Gewerbe in der Zukunft sein wird. Die Lieferanten, mit denen der Händler zusammenarbeiten will, sollten in erster Linie vertrauenswürdig sein. Daher sollten Großhändler und Hersteller, die für eine Zusammenarbeit in Frage kommen, gründlich überprüft werden.
Schritt 4: Die Formalitäten
Der Händler sollte mit den deutschen Gesetzen, den Steuern und Zollgebühren vertraut sein, um Produkte innerhalb Deutschlands ordnungsgemäß verkaufen zu können. Produkte, die im Zollausland gekauft werden, müssen den örtlichen und rechtlichen Verschriften und Regeln entsprechen.
Schritt 5: Das Shop-System
Für den Aufbau eines Dropshipping Business eignet sich jedes Shop-System. Trotzdem lohnt es sich auf eine Software, bei der zugewiesene Dropshipping–Funktionen schon integriert sind, zurückzugreifen.
Schritt 6: Die Produktauswahl
Basierend auf der im ersten Schritt analysierten Zielgruppe werden jetzt vom Händler konkrete, ansprechende und attraktive Produkte ausgewählt. Passen die Produkte zu den Bedürfnissen der Kunden, lässt sich mehr Umsatz generieren.
Schritt 7: Die Gestaltung der Verpackung
Wie die Ware an die Kunden kommt, entscheidet der Händler. Am geeignetsten sind hierfür neutrale Verpackungen. Der Händler sollte beachten, dass alle Dokumente und Papiere mit seinem Namen und Kopfbogen versandt sind. Rechnungen können ähnlich wie Versandbestätigungen per E-Mail zugestellt werden.
Falls dem Händler die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, kann er Kartons mit eigener Werbung und Logo herstellen lassen und den Dropshipper darum bitten, ausschließlich diese zu verwenden.
Schritt 8: Der Retouren– und Reklamationsprozess
Die Ware kann aus unterschiedlichen Gründen zurück an den Händler geschickt werden, entweder weil sie defekt ist oder weil sie falsch verpackt wurde. Damit der Händler ordnungsgemäß mit der reklamierten Ware umgehen kann, muss er im Vorfeld klare Vereinbarungen mit den Großhändlern treffen.
Schritt 9: Werbung und Marketing
Händler sollten je nach Möglichkeit einen Teil ihres Gewinns in die Vermarktung des eigenen Shops, der Produkte und in die Kundenbetreuung fließen lassen. Somit werden nicht nur optimale Voraussetzungen für umsatzstarke und gewinnbringende Produkte geschaffen, sondern auch das Vertrauen in den eigenen Shop gestärkt.
Schritt 10: Die Optimierung
Um nachhaltig und dauerhaft Erfolg mit dem eigenen Dropshipping-Shop zu haben, muss dieser stets optimiert werden. Sprich, der Händler ist dazu angehalten, Service und Sortiment seines Shops stetig zu verbessern. Dies fördert ganz nebenbei den Umsatzwachstum.
Vorteile von Dropshipping
Geringer Kapitalbedarf
Der wahrscheinlich größte Vorteil von Dropshipping ist, dass der Verkäufer ohne großes Startkapital sein E-Commerce Business aufziehen kann, denn er braucht weder ein eigenes Lager noch einen eigenen Lagerbestand, um die Bestellungen der Konsumenten bedienen zu können. Normalerweise haben Reseller einen enormen Kapitalbedarf, allein um ausreichend Lagerbestand aufzubauen. Die hohe Kapitalbindung sowie zusätzliche Kosten für die Sicherung und Versicherung des Lagerbestands sind finanziell gesehen eine große Herausforderung und grundsätzlich wenig effizient.
Beim Droppshipping nutzt der Händler ein Modell, bei dem man die Produkte nicht im Voraus kaufen muss. Erst wenn ein Produkt vom Konsumenten geordert wird und das Geld auf dem eigenen Konto eingegangen ist (oder zumindest auf den Weg gebracht wurde), wird das Produkt beim Supplier gekauft. Ohne größere Investitionskosten für Lager und Lagerbestand ist es durch Nutzung der Dropshipping-Struktur möglich, ein erfolgreiches Business mit relativ wenig Kapital auf die Beine zu stellen.
Zudem ist das Risiko recht gering, falls manche Produkte weniger gut laufen als ursprünglich gedacht, denn die Lieferanten werden erst vom Verkäufer bezahlt, wenn der Kunde etwas gekauft hat.
Weniger Startschwierigkeiten
Ein E Commerce Business zu starten ist deutlich einfacher, wenn man sich als Seller nicht mit dem Handling von physischen Produkten beschäftigen muss. Die Mittel und die Zeit, die man sonst nutzen müsste, um die Produkte zu beschaffen, zu transportieren, zu lagern, zu versichern, zu verpacken und zu verkaufen, können somit anderweitig investiert werden. So kann man sich auf die wesentlichen Stärken der eigenen Unternehmung konzentrieren. Dies trägt dazu bei, dass das Business schneller und effektiver wächst, da man den Fokus stärker auf Kernkompetenzen und wertschöpfende Prozesse legen kann. Mit Dropshipping muss man sich nicht mehr kümmern um:
- Lagermanagement und Miete
- Kommissionierung, Packen und Verschicken der Ware
- Inventur und Bestandsbuchführung
- Retourenmanagement und Wareneingangslogistik
- Bestandsüberwachung und Beschaffung
Geringe Gemeinkosten
Weil beim Dropshipping weder eigenes Inventar gehandhabt noch ein eigenes Lager verwaltet muss, sind die Gemeinkosten entsprechend gering. In der Realität verfügen viele erfolgreiche Dropshipping-Business lediglich über ein Homeoffice mit einem Laptop und den wichtigsten Büroeinrichtungen – dies verursacht meist weniger als 100€ Kosten pro Monat. Wenn das Unternehmen im Laufe der Zeit weiterwächst, steigen diese Kosten zwar auch. Dennoch werden sie immer deutlich unter dem Niveau eines traditionellen Onlinehändlers liegen, da die gesamte Warenlogistik entfällt.
Standortunabhängigkeit
Ein Dropshippingbusiness kann von fast überall geleitet und gesteuert werden, wenn eine Internetverbindung zur Verfügung steht. Solange der Händler in der Lage ist, mit Lieferanten und Kunden zu kommunizieren und er Zugriff auf seine Verkaufsplattform hat, kann er das Unternehmen problemlos betreiben. Vielleicht agiert er sogar als sogenannter digitaler Nomade und ist schon seit Monaten mit einem umgebauten Transporter in der Wildnis unterwegs, vielleicht in Norwegen, in Thailand oder in der Mongolei – mit Dropshipping alles möglich.
Große Produktauswahl
Weil Dropshipper die Produkte, die sie verkaufen, nicht in einem eigenen Lager vorhalten und den Bestand pflegen müssen, können sie eine riesige Bandbreite unterschiedlicher Produktlinien an potenzielle Verkäufer anbieten. Solange der Großhändler oder Hersteller die Produkte auf Lager hat, können sie die Produkte auf ihrem Verkaufsportal listen und verkaufen, – ohne die Kosten für die Lagerhaltung übernehmen zu müssen.
Einfach skalierbar: Da beim Dropshipping die gesamte Warenlogistik ausgelagert ist, muss dieser Unternehmensbereich nicht mitwachsen. Die Ressourcen können anderweitig eingesetzt werden und etwaige Probleme, die beim Skalieren im Zusammenhang mit der Logistik auftreten könnten (z.B. EDV oder Lagerstruktur kann das Auftragsvolumen nicht mehr abdecken) werden gar nicht erst zum Thema. Natürlich ist mit Umsatzwachstum immer auch ein Wachstum der Kosten verbunden, wie z.B. beim Kundenservice. Insgesamt lässt sich ein Dropshipping Business aber mit deutlich weniger Aufwendungen skalieren als ein traditionelles Business.
Nachteile von Dropshipping
Geringe Margen
Ein verhältnismäßig geringer Gewinnanteil ist der wahrscheinlich größte Nachteil des Dropshippings, zumal innerhalb dieser Nische ein hoher Konkurrenzkampf zwischen den Dropshippern liegt. Gerade deshalb, weil es so einfach ist, ein solches Business zu starten, tummeln sich Tausende kleine Dropshipping-Händler in einem gut gesättigten Markt. Hinzu kommt, dass aufgrund der Auslagerung der Lagerlogistik an den Hersteller oder Großhändler ein nicht unerheblicher Arbeitsschritt wegfällt, an dem man verdienen könnte. Dieses zusätzliche Gewinnpotenzial lässt man somit aus. Der entgangene Gewinn fällt auf den Großhändler oder Hersteller zurück, der sich den zusätzlichen Mehraufwand durch das Fulfillment der Konsumentenbestellung natürlich bezahlen lässt und in Form von Preisaufschlägen oder zusätzlichen Versandkosten an den Retailer weiterleitet.
Probleme mit den Beständen
Wer seinen Bestand selbst verwaltet, kann relativ einfach und eigenverantwortlich dafür sorgen, dass der Lagerbestand gesichert ist, sodass immer genügend Artikel vorhanden sind, um die Nachfrage der Konsumenten zu bedienen. Da man beim Dropshipping aber vom Bestandsmanagement des Suppliers abhängig ist, birgt dies Potenzial für Probleme mit der Bestandsplanung. So kann der Dropshipper z.B. einen Anstieg der Nachfrage erwarten und benötigt nun zusätzliche Ware, um für die kommenden Wochen gerüstet zu sein. Der Supplier könnte hingegen andere Ziele verfolgen und nicht gewillt sein, den Bestand zu erhöhen, und schon ist das Lager nach 2-3 Wochen leer – kein unrealistisches Szenario.
Komplexität der Lieferung
Wer Dropshipping mit mehreren Suppliern betreibt (so, wie es die meisten Dropshipper tun), hat in der Regel mit jedem Lieferanten individuelle Verträge, Versandkosten und Lieferzeiten. Kunden hingegen erwarten normalerweise, dass Lieferzeiten und Versandkosten einheitlich sind. Wie also gestaltet man Preise, Lieferzeiten und Liefergebühren auf Kundenseite? Zudem ist es eine große Herausforderung, die Lieferzeiten unter Zusammenarbeit mit Offshore-Suppliern niedrig zu halten. Ist man z.B. von der Lieferung eines chinesischen Suppliers abhängig, der die Bestellung um die halbe Welt schicken muss, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Probleme auftreten, auf denen man wahrscheinlich meistens selbst sitzen bleibt.
Fehler durch Supplier
Wer kennt es nicht? Jemand anders begeht einen Fehler oder liefert eine schlechte Leistung ab und dieser Fehler bzw. schlechte Leistung fällt auf einen selbst zurück, weil man für die Ergebnisqualität nach außen hin verantwortlich ist. Da man beim Dropshipping unmittelbar von der Leistung des Suppliers abhängig ist, muss man auch hier stets bedenken, dass jeder Fehler, den der Supplier macht (z.B. verspätete Lieferung, Materialfehler) auf das eigene Business zurückfällt. Gerade im Onlinebusiness können solche Probleme fatale Auswirkungen haben. Händler auf Amazon sind z.B. auf möglichst viele und positive Bewertungen angewiesen. Wer dort schlechtes Rating hat, hat es besonders schwer, seine Produkte erfolgreich zu vermarkten und die entsprechenden Verkaufszahlen zu erreichen. Natürlich können auch ohne Dropshipping immer Fehler auftreten. Aber vielleicht ist es sinnvoller und angenehmer, wenn man nur für diejenigen Fehler bestraft werden kann, die man auch selbst verursacht hat.
Fazit
Dropshipping stellt nicht die eine neue und revolutionäre Lösung dar. Sie ist keine uneingeschränkte Substitution traditioneller Businesses mit vereinfachten Strukturen. Natürlich hat sie erhebliche Vorteile, da die Lagerlogistik komplett outgesourced wird und man sich auf andere Bereiche konzentrieren kann. Weniger Kapitalbedarf, mehr Handlungsspielraum für die Kernkompetenzen – keine Frage: Das ist ein Vorteil gegenüber dem klassischen Geschäft. Aber man darf die Nachteile natürlich nicht ausblenden. Geringere Margen, ein sehr umkämpfter Markt, mangelnde Transparenz und Steuerungsmöglichkeit des Lagerbestands und die Abhängigkeit vom Supplier sind erhebliche Faktoren, die unbedingt berücksichtigt werden müssen.
Letztlich müssen immer alle Rahmenbedingungen mit einbezogen und auf Grundlage der individuellen Situation Entscheidungen getroffen werden, ob Dropshipping für das eigene Business ein vorteilhaftes Modell ist oder nicht.