Was ist Amazon Prime Wardrobe?
Wer kennt nicht die Enttäuschung, nach stundenlangem blättern durch die endlosen Seiten eines Online-Shops und nach Tage langem warten auf seine Kleidungsstücke festzustellen, dass die Jeans nicht so wirklich gut passen will wie dem Model auf den Bildern, die Farbe ein bisschen anders ist und der Stoff sich komisch anfühlt, und zudem auch noch komisch riecht. Dieser Enttäuschung will Amazon ein Ende setzen, indem man Amazon Prime Wardrobe auf den deutschen Markt ausweitet.
Wie Prime Wardrobe funktioniert
Amazon Prime Mitglieder in den USA kommen bereits in den Genuss dieses Services und machen vor wie es geht: Hat man seine Auswahl aus Millionen Bekleidungs, Schuh oder Accessoire Artikeln getroffen, entscheidet man sich für drei bis acht Artikel und lässt sich diese ohne den Gebrauch eines Zahlungsmittels nach Hause liefern. Innerhalb von sieben Tagen nach Erhalt des Pakets probiert man seine Artikel an und aus, in der Privatsphäre der eigenen vier Wände. Hat man sich entschieden, was einem gefällt und was nicht, legt man die unerwünschten Artikel zurück in den vorfrankierten und wiederverschließbaren Karton und bringt diesen zur Post. Nach Übermittlung der Daten der Rücksendung wird das Zahlungsmittel für die Artikel belastet die man behalten hat. Behält man mehr als drei Artikel winkt Amazon sogar mit einem zehnprozentigen Rabatt auf die gesamte Bestellung, und 20% Rabatt ab fünf gekauften Produkten. Haben Sie vergessen die finale Auswahl zu treffen oder sich länger als die vorgegeben sieben Tage Zeit gelassen? Kein Problem- man wird zwar für die gesamte Bestellung zur Kasse gebeten, kann diese aber wie eine übliche Amazon Bestellung auch innerhalb der nächsten 30 Tage zurückschicken.
Amazons Last mit Prime Wardrobe
Aus unternehmerischer Perspektive klingt Prime Wardrobe fast unmöglich und mit Sicherheit nimmt Amazon damit einen enormen Aufwand auf sich. Eine Retoure bedeutet hohe Kosten für Versand, Rückversand, Retouren-Qualitätscheck und Wiederverpackung, wodurch Amazon wohl kaum große Profite einstreichen wird. Mit Prime Wardrobe stellt sich Amazon dem Problem Rücksendungen mit der üblichen Durchschlagskraft und Dominanz die man von dem e-commerce Imperium so kennt. Dabei versucht man nicht das Problem zu lösen oder es zu reduzieren sondern ermutigt und erzieht den Kunden fast eine Retoure nicht mehr nur als Option sondern als Standard in Betracht zuziehen. Das Missbrauchsrisiko ist dabei groß: man stelle sich eine bevorzugt weibliche Gruppe Frauen vor, die sich verabreden um die vorab bestellten “Spaß-Boxen” auszuprobieren und ihre hauseigenen Shopping Parties zu feiern. Oder Kunden die ein tatsächliches Kaufinteresse haben, jedoch mehr als sie benötigen bestellen, nur weil es einfach und kostenlos ist eine Retoure zu veranlassen.
Heutzutage sind Retouren standard Prozedere in der Modeindustrie. Was mal eine Krise für Händler darstellte ist heute genauestens einkalkuliert und von der Kundschaft als selbstverständlich angesehen. Da Amazon sich als eins der großen Produktrecherche-Tools etabliert hat beginnt ein Großteil der Online Käufe als Recherche entweder bei Google oder bei Amazon und verläuft sich dann auf große oder kleine Online-Shops, Fashion Blogs und andere Kanäle. Wenn Amazon seinen Dienst so etablieren kann, wie man es sich vorstellt wird dies die Modeindustrie wie man sie heute kennt ordentlich auf den Kopf stellen. Greift man den kleineren Fischen im Teich, die entweder kleine oder unprofessionelle Online-Shops aufweisen, diesen Strom aus kaufinteressierten Kunden ab, konzentrieren sich die Marktanteile auf ein paar wenige Player, Amazon allen vorangehend.
Amazon’s Strategie mit Wardrobe
Wie sich Prime Wardrobe auf das Konsumverhalten der Deutschen auswirken kann lässt sich am besten mit Hinblick auf das Gesamtpaket des Abonnement-Services Prime veranschaulichen. Was früher ein kleiner Bonus in Form von etwas besseren Versandoptionen war hat sich zu einem ausgedehnten Angebot aus Musik und Video Streaming Diensten und vielen weiteren exklusiven Amazon Services entwickelt. Während man Kunden mit einem unschlagbaren Rundum-Angebot anlockt, bindet man diese auf Lange sicht in dem eigenen System, sodass es keine Frage mehr ist ob man bei Amazon bestellen möchte sondern wie oft und wann.
Amazon Wardrobe mag zwar zu Beginn nicht besonders profitabel sein, es sichert Amazon jedoch Marktanteile und mehr potentielle Kunden für andere Programme der eigenen Marke. Das Resultat ist eine größere Reichweite und mehr allgemeine Umsätze für andere Produkte, was Amazon letztendlich mehr indirekten Profit und vor allem eins bringt: Einen Schritt näher in Richtung absolute Marktkontrolle.